Ablehnung vs. Nicht-Zuzustimmung – Transparenz im Wortgeflecht

Einige aufmerksame Leser haben bereits bemerkt, dass die Grünen NRW (und nicht nur wir) öfters zwischen den Begriffen „Ablehnung“ und „Nichtzustimmung“ wechseln.

Wechselnde Sprachregelungen

Zunächst der Beschluss der LAG Medien:

Die Landesarbeitsgemeinschaft Medien kommt deshalb zu dem Schluss, dass der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag allen Anforderungen nicht gerecht wird und deshalb nicht in Kraft treten darf. Der Landtagsfraktion wird empfohlen, den vorliegenden Entwurf abzulehnen.

Die LAG Demokratie hat vor einiger Zeit dagegen eine Nicht-Zustimmung gefordert. Der Landesparteiratsbeschluss richtete sich an der Formulierung der LAG Demokratie und Recht:

Der Landesparteirat fordert die Landtagsfraktion auf, die Anhörung zum JMStV im Hinblick auf die o.g. Kritikpunkte auszuwerten. Die Ergebnisse sind bei der Entscheidung über das Abstimmungsverhalten der Landtagsfraktion zu berücksichtigen. Der LPR hält den JMStV für nicht zustimmungsfähig und empfiehlt der Landtagsfraktion dem Staatsvertrag nicht zuzustimmen.

Wer ein wenig genauer geforscht hat findet hier in diesem Blog die erste Version des Antrages:

Es wird den Landtagsabgeordneten empfohlen, die Ratifizierung des JMStV abzulehnen. Eine Ratifizierung mit den Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wäre ein Schlag ins Gesicht unserer WählerInnen, die uns auch für wirksamen Jugendschutz und sachlich fundierte Netzpolitik gewählt haben.

Die Grüne Jugend will ablehnen:

Die Grüne Jugend NRW fordert die Landtagsfraktion dazu auf, gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertag (JMStV) zu stimmen. Die Fraktion wird aufgefordert im Zusammenhang mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Initiativen zu ergreifen bzw. zu unterstützen, die Jugendschutz und Netzpolitik voranbringen.

Nach unserem kleinen parteiinternen Chaos wurde aber wieder die Nichtzustimmung als Ziel gesetzt:

Die Grüne Landtagsfraktion hat heute nach ausführlicher Debatte den Fraktionsvorstand gebeten, noch einmal Gespräche mit der SPD-Fraktion über den Jugendmedienschutzstaatsvertrag zu führen. Ziel der Gespräche soll sein, dass die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen dem Staatsvertrag im Landtag nicht zustimmen.

[UPDATE] Der Bundesvorstand dagegen möchte den JMStV-E explizit ablehnen:

Der Staatsvertrag ist bereits jetzt für uns überholt und nicht zukunftsfähig. Deshalb lehnen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Novelle des Jugendme- dienschutz-Staatsvertrages in der jetzigen Form ab.

[/UPDATE]

Was bedeutet das?

Und ich finde es sehr berechtigt wenn die Netzcommunity fragt – ja was denn nu?! Warum diese unterschiedlichen Formulierungen? Und manch einer hatte bereits die Vermutung, dass es sich hierbei nicht um Zufall handelt.

Diese hatten Recht. Eine Nichtzustimmung bedeutet Ablehnung oder Enthaltung, während eine Ablehnung auch wirklich eine Ablehnung bedeutet. Während eine Ablehnung die Chancen auf Komplettablehnung erheblich steigern (schliesslich sind die Linke, Teile der SPD sowie ggf. auch die FDP ebenfalls dem JMStV sehr kritisch gegenüber eingestellt) würde eine Enthaltung bedeuten, dass die Zustimmung der CDU umso stärker gewichtet wäre – der JMStV käme durch.

Wie ist das entstanden?

Eine Meinungsbildung im Landtag ist ein langer Weg. Wir Netzpolitiker müssen – ganz abseits des Koalitionsvertrages – eine nennenswerte Menge Abgeordnete mitnehmen, um den JMStV als Land NRW wirklich zu blockieren – nur die Grünen reichen nicht. Dies ist ein langsamer Prozess, und er geht schrittweise. Abgeordnete sind auch nur Menschen, und sie werden nicht von heute auf morgen ihre Meinung vollständig ändern. Dort sind dann Zwischenschritte sehr wichtig, um eine gemeinsame Basis zu finden, von der aus man weitergehen kann.

Welche Folge hat dies?

Die Folge ist mehr Verhandlungsspielraum – mit dem Risiko, dass man auf halbem Wege steckenbleibt. Denn manchmal ist der Weg allzu holperig. Genau dies ist im Moment zu befürchten – es gab immer wieder Hinweise, dass man sich dann doch vielleicht eher auf eine Enthaltung einigen würde. Dies können wir als Grüne, als Netzaktivisten und auch als Jugendschützer nicht akzeptieren. Und dies müssen wir auch so zeigen, damit die Diskussion im Landtag weiter mit dem Ziel „Ablehnung“ geführt wird.

Das völlige Überlasten der Grünen NRW Website nach Veröffentlichen der „Wir verhandeln noch„-News war in der Hinsicht ein super Signal in alle Fraktionen – es sind eben doch mehr als ein paar Freaks, die sich um das Thema kümmern, und ihr habt gezeigt, dass das Netz auf NRW schaut. Aber es ist ein Signal, das weiter verstärkt werden muss. Persönlich in den Abgeordneten-Büros, durch Telefonate, durch Mails, durch Faxe, durch jede Kommunikationsform, die ihr finden könnt. Und zu Abgeordneten jeder einzelnen Partei.

Und hört bitte auf dann bei jeder Gelegenheit Werbung für sonstwas zu machen. Es mag vielleicht nerdig sein, wenn man mit einem Zensursula T-Shirt oder einem Piratenshirt zum Gespräch erscheint. Und es mag auch verdammt cool sein jeder der für Netzpolitik kämpft 30 Links zu dem Mitgliedantragsformular der Piraten zu schicken. Aber ihr erreicht dadurch nichts. Im Gegenteil – ihr werdet abgestempelt und das wars dann.

Also los. Geht raus! Baut Gegendruck auf! Redet mit den Politikern! Informiert sie! Provoziert sie nicht, sondern nehmt sie mit! Und betont, dass eine Nicht-Zustimmung zu wenig ist. Wir müssen den JMStV ablehnen!

Denn ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können. Gemeinsam.

10 Antworten zu “Ablehnung vs. Nicht-Zuzustimmung – Transparenz im Wortgeflecht”

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